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Deutschland soll Russland helfen und Putins Missbrauch anprangern

Die Zivilgesellschaft soll nicht durch Energiepolitik in Geiselhaft genommen werden

Deutschland soll die russische Zivilgesellschaft unterstützen, indem es auf konkreten Verbesserungen der Menschenrechtslage in Russland besteht, forderten drei Vertreter russischer Nichtregierungsorganisationen heute in Berlin. Die drei sind von Human Rights Watch nach Berlin eingeladen worden, um vor den Menschenrechtskonsultationen Moskaus mit der EU (3. Mai) und dem EU-Russland-Gipfel (18.Mai) ihre Besorgnis über den verschlechterten Zustand der Menschenrechte in Russland zum Ausdruck zu bringen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Human Rights Watch und Amnesty International unterstrichen die drei – Yuri Dzhibladze, Präsident und Gründer des Zentrums für demokratische Entwicklung und Menschenrechte, Oleg Orlov, Vorstandsvorsitzender von Memorial, einer der ältesten russischen Menschenrechtsgruppen, und Tanya Lokshina, Vorsitzende von DEMOS, Zentrum für Information und Forschung – die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die heute in Russland stattfinden. Sie zeigten Verständnis für den Wunsch Deutschlands, seine Beziehungen zu Russland zu verbessern. Gleichzeitig betonten sie, wie wichtig es ist, nicht die Prinzipien zu verraten, auf denen die Europäische Union gegründet wurde.

„Die ganze EU sollte sich für die russische Zivilgesellschaft einsetzen, und Deutschland sollte sie dabei anführen“, sagte Lokshina von DEMOS. „Nachdem die Putin-Regierung jede abweichende Meinung unterdrückt, brauchen wir die Deutschen heute mehr denn je“.

Die russischen Vertreter äußerten Bedenken, dass die europäischen Mitgliedstaaten überwiegend von wirtschaftlichen Interessen gesteuert seien. Dabei hoben sie besonders die Absicht der EU hervor, ihre Energieversorgung abzusichern. Dies gelte insbesondere für die deutsche Regierung, die aufgrund der EU-Präsidentschaft und ihrer besonderen Beziehung zu Moskau großen Einfluss auf Russland hat.

„Sich für Menschenrechte in Russland stark zu machen, wird Europas Energieversorgung nicht gefährden, sondern dazu beitragen das allzu harsche Vorgehen der russischen Regierung einzuschränken“, sagte Orlov, von der Organisation Memorial. „Die russische Zivilgesellschaft wird angegriffen, und Deutschland muss sich dazu äußern.“

Die maßlose Gewalt, mit der erst kürzlich die friedlichen politischen Proteste in Moskau und St. Petersburg niedergeschlagen wurden, spiegele den zunehmenden Druck auf die russische Zivilgesellschaft wider, so die Menschenrechtler.
„Die Gewalt der Polizei ist nur das jüngste Anzeichen für die zunehmende Feindseligkeit der Regierung gegenüber friedlichem Widerstand in Russland“, sagte Dzhibladze von dem Zentrum für demokratische Entwicklung und Menschenrechte. „Es ist Teil eines Bestrebens die politische Opposition, Menschenrechtler, und die unabhängige Presse zum Schweigen zu bringen.“

Die drei Menschenrechtler betonten, dass Europa und Deutschland im Dialog mit Russland der Einhaltung der Menschenrechte zu wenig Nachdruck verleihen. Das deutlichste Beispiel hierfür ist Europas augenscheinliches Versagen, eine effektive Antwort auf die Straflosigkeit für anhaltende und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien zu finden. Tschetschenien ist derzeit Europas größte Menschenrechtskrise. Es ist die einzige europäische Region, in der Zivilisten systematischer Folter, standrechtlichen Hinrichtungen und Zwangsverschleppungen ausgesetzt sind, oft verübt in inoffiziellen Gefangenenlagern.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland jüngst in acht Urteilen für schuldig befunden, ernsthafte Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien begangen zu haben. Dennoch haben europäische Regierungen keine Maßnahmen getroffen, Russland dazu zu bewegen, diese Gräueltaten zu beenden. Für die meisten Missstände sind tschetschenische Vertretungen verantwortlich. Der Kreml hat die Macht, sie zur Achtung der Menschenrechte zu zwingen. Stattdessen unterstützt er sie uneingeschränkt und verhindert Ermittlungen zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen, so die russischen Menschenrechtsverteidiger.

„Deutschland und alle anderen EU-Staaten sollten darauf bestehen, dass Putin die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umsetzt“, sagte Lokshina. „Moskau müsste die Gräueltaten in Tschetschenien untersuchen, die Täter strafrechtlich verfolgen, die Opfer entschädigen und systematische Veränderungen einleiten, um weitere Folterungen und Schreckenstaten zu verhindern. Aber genau das wird nicht eintreten ohne Druck aus Europa.“

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