HUMAN RIGHTS WATCH

Großbritannien: 42-tägiger Polizeigewahrsam vor Anklageerhebung verletzt Menschenrechte

Britisches Oberhaus soll unangemessene Bestimmungen des neuen Anti-Terror-Gesetzes ablehnen

(London, 4. Juli 2008) – Der Entwurf eines neuen Anti-Terror-Gesetzes in Großbritannien verstößt gegen das grundlegende Recht auf Freiheit und könnte sich negativ auf Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus auswirken, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Hintergrundpapier. Das Gesetz würde britische Behörden ermächtigen, Terrorverdächtige bis zu sechs Wochen ohne Anklage in Polizeigewahrsam zu nehmen.

Das britische Oberhaus beginnt am 8. Juli, einen Tag, nachdem sich die Bombenanschläge vom Juli 2005 auf den Londoner Nahverkehr zum dritten Mal jähren, mit den Beratungen über das neue Terrorbekämpfungsgesetz. Die Vorlage beinhaltet neben verschiedenen unverhältnismäßigen Bestimmungen auch die Möglichkeit, Verdächtige 42 Tage ohne Anklage in Polizeigewahrsam festzuhalten.  
 
„Der dritte Jahrestag der Bombenattentate von 2005 in London erinnert uns wieder an die reale Terrorbedrohung in Großbritannien”, sagt Judith Sunderland, Researcherin für Westeuropa bei Human Rights Watch. „Doch Menschen sechs Wochen lang ohne Anklage wegzusperren, macht kein Land sicherer. Die Mitglieder des Oberhauses sollten getreu ihrer Prinzipien gegen diesen gefährlichen und unsinnigen Gesetzesentwurf votieren.”  
 
Das 20-seitige Hintergrundpapier „Briefing on the Counter-Terrorism Bill 2008: Second Reading in the House of Lords“ untersucht die in dem Anti-Terror-Gesetz von 2008 vorgesehenen Maßnahmen, die nach Auffassung von Human Rights Watch unvereinbar sind mit Großbritanniens Verpflichtungen gemäß internationaler Menschenrechtsvereinbarungen.  
 
Meist konzentriert sich die Debatte um das neue Gesetz zu Recht darauf, dass die britische Regierung die Dauer des Gewahrsams ohne Anklage über die bereits zulässigen 28 Tage verlängern will. Human Rights Watch fordert jedoch, den Zeitraum zu verkürzen und nicht auszuweiten. Die Gesetzesvorlage enthält jedoch noch weitere Bestimmungen, die Menschenrechtsstandards nicht entsprechen.  
 
„Die 42 Tage sind nicht das einzige Problem bei dem Gesetz”, erklärt Sunderland. „Die Lords des Oberhauses sollten sich etwa auch kritisch mit Vernehmungen nach erfolgter Anklage, der Meldepflicht und geheimen Ermittlungen befassen, die alle unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten höchst bedenklich erscheinen.”  
 
Weitere entscheidende Probleme in der Gesetzesvorlage sind: