(London, 7. Juni 2021) - Die G7-Mitgliedsstaaten sollten sofort konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Subventionierung für fossile Brennstoffe zu beenden, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Frage-Antwort-Dokument. Die Beendigung dieser Subventionen ist entscheidend dafür, dass die Länder ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung nachkommen, den Klimawandel durch die Reduzierung von Treibhausgasemissionen anzugehen.
Die Staats- und Regierungschef*innen der G7-Staaten, bei denen es sich um einige der größten Treibhausgasemittenten handelt, planen, auf einem bevorstehenden Gipfel vom 11. bis 13. Juni 2021 in Großbritannien, gemeinsame Prioritäten bezüglich des Klimawandels festzulegen. Im Jahr 2016 haben sich die USA, Kanada, Japan, Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien verpflichtet, „ineffiziente“ Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2025 auslaufen zu lassen - eine Verpflichtung, die im Mai von den Klima- und Umweltminister*innen der G7-Staaten bekräftigt wurde. Die Milliarden Dollar, mit denen sie fossile Brennstoffe jedes Jahr unterstützen, wurden indes jedoch kaum reduziert.
„Die Verpflichtung der G7, die Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2025 auslaufen zu lassen, ist von entscheidender Bedeutung für die Bewältigung der Klimakrise. Allerdings haben sie schon einmal versäumt, ihren Plänen die notwendigen Maßnahmen folgen zu lassen“, sagte Katharina Rall, leitende Umweltforscherin bei Human Rights Watch. „Wenn sie es dieses Mal ernst meinen, sollten sie konkrete Pläne vorlegen, wie sie diese Frist einhalten wollen.“
Durch die Subventionierung fossiler Brennstoffe senken die Regierungen künstlich die Kosten für die Exploration, die Produktion, den Transport und die Nutzung fossiler Brennstoffe und fördern so die anhaltende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu einer Zeit, in der sie sich schnell von ihnen abwenden und auf saubere, erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie umstellen sollten. Auf diese Weise versäumen es die Regierungen auch, die damit verbundenen Klimaschäden und Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt zu bekämpfen.
Human Rights Watch ist besorgt, dass die G7-Staaten die fehlende Definition, was eine „ineffiziente“ Subvention für fossile Brennstoffe ist, nutzen könnten, um bestimmte Formen der Unterstützung von der Prüfung auszuschließen und den notwendigen Abbau von Subventionen im In- und Ausland weiter zu verzögern. Die Regierungen der G7-Staaten unterstützen fossile Brennstoffe mit mindestens 87,7 Milliarden Dollar jährlich, so eine aktuelle Schätzung des International Institute for Sustainable Development, basierend auf einem Durchschnitt der Jahre 2017-2019. Frankreich, Großbritannien und Kanada stellen unter den G7-Staaten die meisten Mittel zur Verfügung. Während des Covid-19-Gipfels haben die G7-Regierungen zusammen mit den vier anderen Ländern, die zum diesjährigen Gipfel eingeladen waren - Australien, Indien, Südkorea und Südafrika - weiterhin eine enorme finanzielle Unterstützung für fossile Brennstoffe bereitgestellt: Sie sagten mehr als 189 Milliarden Dollar zur Unterstützung von Kohle, Öl und Gas zwischen Januar 2020 und März 2021 zu, während saubere Energieformen nur mit 147 Milliarden Dollar unterstützt wurden, so ein Bericht von Tearfund.
Zwar ist die Verpflichtung der G7-Klima- und Umweltminister*innen vom 21. Mai, die internationale Finanzierung der ungeminderten Kohleverstromung bis Ende 2021 zu beenden, positiv zu bewerten. Sie geht jedoch nicht weit genug, um die Unterstützung für die gesamte Kohleverstromung zu beenden, so Human Rights Watch. Das Kommuniqué der Minister*innen enthält zudem keine Verpflichtung, die internationale Unterstützung für Öl oder Gas zu beenden und überlässt es den Mitgliedsländern, ob sie die Entwicklung fossiler Brennstoffe außerhalb ihres Landes weiterhin subventionieren oder nicht.
Der Klimawandel hat bereits jetzt tiefgreifende negative Auswirkungen auf die Menschenrechte auf der ganzen Welt. Im Jahr 2020 dokumentierte Human Rights Watch, wie der Klimawandel in Kanada den Zugang indigener Völker zu traditionellen Nahrungsquellen schmälert und zu einem wachsenden Problem der Nahrungsmittelarmut beiträgt. In Kolumbien zeigte Human Rights Watch, wie häufigere Dürreperioden die Unterernährung indigener Kinder verschlimmern. In den USA deckte Human Rights Watch auf, wie extreme Hitze mit Komplikationen bei Schwangerschaften und Geburten, einschließlich Frühgeburten, zusammenhängt. Dies sind nur einige der zunehmenden Auswirkungen, die auf der ganzen Welt zu beobachten sind und die sich voraussichtlich noch verstärken werden, sollten die Temperaturen in den kommenden Jahren weiter ansteigen.
In einem Frage-Antwort-Dokument skizziert Human Rights Watch, wie Regierungen, einschließlich die der G7, die Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen lassen sollten, um ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und vorhersehbare Schäden durch den Klimawandel zu verhindern. Wenn eine Regierung angesichts der aktuellen Klimakrise neue Subventionen für fossile Brennstoffe einführt, so das Dokument, könnte eine solche Maßnahme eine Menschenrechtsverletzung darstellen.
Alle G7-Staaten sollten sich sofort dazu verpflichten, keine weiteren internationalen öffentlichen Finanzmittel für Kohle-, Öl- oder Gasprojekte bereitzustellen. Sie sollten im Laufe des Jahres 2021 terminierte und transparente Aktionspläne vorlegen, in denen sie detailliert darlegen, wie sie bestehende Subventionen für fossile Brennstoffe im In- und Ausland bis 2025 abschaffen wollen. Diese Pläne sollten auch die Abschaffung indirekter Subventionen beinhalten, die durch die Unterstützung der entsprechenden Infrastruktur, Beratungsdienste, technischen Hilfe oder Kapitalvermittlern entstehen.
„Wenn sie die Subventionierung fossiler Brennstoffe weiter zulassen, sabotieren die G7-Staaten ihre eigenen Klimabemühungen und machen es unwahrscheinlicher, dass die Welt die katastrophalsten menschenrechtlichen Folgen der globalen Erwärmung abwenden kann“, sagte Rall. „Die Milliarden von Dollar, mit denen fossile Brennstoffe jedes Jahr subventioniert werden, könnten in eine nachhaltige Energieinfrastruktur investiert werden und in die Versorgung von Gemeinschaften mit den Ressourcen, die sie brauchen, um ihre Rechte zu schützen und sich an die Klimafolgen anzupassen, die sie bereits jetzt erleben.“