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Ägypten: Massenverhaftungen und Folter nach Bombenanschlag in Taba

Tausende noch immer in Isolationshaft, jedoch nur neun Verdächtige genannt

(Kairo, 22. Februar 2005) – In der Folge des Bombenanschlags auf das Hilton-Hotel in Taba verhafteten ägyptische Staatssicherheitskräfte willkürlich tausende von Personen und folterten Gefangene, stellte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht fest. Vier Monate danach werden immer noch 2.400 Gefangene in Isolationshaft gehalten.

" Die ägyptischen Sicherheitskräfte antworteten auf die Greueltat von Taba ihrerseits mit massiven Menschenrechtsverletzungen, Die Regierung von Präsident Mubarak hat immer noch nicht verstanden, dass routinemäßige Folter und willkürliche Verhaftungen gegen das Gesetz verstoßen und keine Antwort auf Fragen der Sicherheit sind. "
Joe Stork, Direktor der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von Human Rights Watch.
  

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Der 48-seitige Bericht "Mass Arrests and Torture in Sinai" dokumentiert, wie die Ermittlungsbehörde der Staatssicherheit in den Wochen und Monaten nach dem Anschlag im Urlaubsort Taba, bei dem 30 Menschen getötet wurden, im nördlichen Sinai Massenverhaftungen durchführte – ohne die vom ägyptischen Gesetz vorgesehenen Haftbefehle oder gerichtliche Anordnungen.  
 
Die ägyptischen Behörden machen nur neun Verdächtige für den Anschlag von Taba verantwortlich, das Innenministerium hält jedoch weiterhin geschätzte 2.400 Personen fest. Die Regierung hat bislang weder die Familien, noch die Anwälte der Verhafteten über den Aufenthaltsort der Gefangenen informiert, und lässt die Frage offen, ob Anklagen vorgebracht werden..  
 
"Die ägyptischen Sicherheitskräfte antworteten auf die Greueltat von Taba ihrerseits mit massiven Menschenrechtsverletzungen," sagte Joe Stork, Direktor der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von Human Rights Watch. "Die Regierung von Präsident Mubarak hat immer noch nicht verstanden, dass routinemäßige Folter und willkürliche Verhaftungen gegen das Gesetz verstoßen und keine Antwort auf Fragen der Sicherheit sind."  
 
Human Rights Watch führte die Untersuchung im nördlichen Sinai in Zusammenarbeit mit zwei ägyptischen Menschenrechtsorganisationen, dem Hisham Mubarak Law Center und der Egyptian Association against Torture durch.  
 
Die Behörden haben die Behauptung ägyptischer Menschenrechtsorganisationen nicht bestritten, dass in der Folge des Bombenanschlags 2.500 bis 3.000 Personen von Sicherheitskräften verhaftet wurden. Am 4. Februar kündigte das Innenministerium die Freilassung von 90 Gefangenen an, mit dem Zusatz, dass weitere Freilassungen folgen würden.  
 
Freigelassene Gefangene und ihre Familien berichteten Human Rights Watch, dass die Verhafteten zuerst in der Zentrale der Ermittlungsbehörde der Staatssicherheit in el-Arish festgehalten und verhört worden waren. Einige wurden darauf von der Behörde freigelassen, die meisten jedoch in Gefängnisse in Kairo und im Nildelta überstellt.  
 
Am 25. Oktober identifizierte das Innenministerium den vermutlichen Hauptorganisator des Anschlages in Taba, der in durch die Explosion getötet worden war, als einen Kleinkriminellen palästinensischer Herkunft, der sich erst kürzlich "dem religiösen Extremismus zugewandt hatte." Er organisierte den Bombenanschlag, wie das Innenministerium in einer Aussendung erklärte, weil er über Militäraktionen der israelischen Armee gegen Palästinenser im Gazastreifen aufgebracht war. An der israelisch-ägyptischen Grenze gelegen, war das Hilton-Hotel in Taba vor allem bei israelischen Touristen beliebt.  
 
"Wenn Ägypten keine Anklage gegen die Gefangenen erhebt, und faire Verfahren eröffnet, muss es die Gefangenen unverzüglich freilassen," sagte Stork.  
 
Human Rights Watch forderte die ägyptische Regierung dazu auf, eine gründliche und unabhängige Untersuchung der Vorwürfe von Folter und willkürlichen Verhaftungen einzuleiten, alle Beamten, denen Gesetzesübertretung nachgewiesen wird, strafrechtlich zu verfolgen, und sicherzustellen, dass Personen, die gesetzeswidrig verhaftet und gefoltert wurden, rasch und angemessen entschädigt werden.  
 
Als die Untersuchung von Human Rights Watch noch im Gange war, lehnten es Regierungsbeamte in el-Arish und Kairo ab, die Behauptungen über willkürlichen Verhaftungen und Folter mit Human Rights Watch in einem Treffen zu erörtern. Auch eine darauf folgende briefliche Anfrage and den ägyptischen Innenminister Habib el-Adli blieb unbeantwortet.  
 
Human Rights Watch forderte auch die ägyptische Volksversammlung auf, eine unabhängige öffentliche Untersuchung der Vorwürfe von weit verbreiteten willkürlichen Verhaftungen und Gefangennahmen sowie der Behauptungen über Folter und Misshandlung im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Bombenanschlag in Taba einzuleiten.