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Russland: Stigmatisierung und Diskrimierung von HIV-infizierten Müttern und Kindern

(Moskau, 15. Juli 2005) – Tausende HIV-positive Mütter und Kinder in Russland würden diskriminiert und missbraucht, stellte Human Rights Watch in einem am Freitag veröffentlichten Bericht fest. Während die HIV/AIDS-Epidemie des Landes sich weiter ausbreite.

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Solche Benachteiligungen sind nach russischem Recht illegal. Doch die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass die Regierung in Moskau nichts unternehme, um Frauen mit HIV und deren Kinder vor Diskriminierungen im Gesundheitswesen und in Kindertagesstätten zu schützen. Die in Russland weitverbreitete Angst vor HIV/AIDS-infizierten Menschen hätte dazu beigetragen, dass immer mehr Kinder von HIV-positiven Müttern vernachlässigt und auf unabsehbare Zeit weggeschlossen werden. Die Isolation dieser Kinder hat laut Human Rights Watch nichts mit medizinischen Erkenntnissen zu tun, sondern sei ausschließlich auf Diskriminierung und Stigmatisierung als Folge von Fehlinformationen zurückzuführen.  
 
Der 41-seitige Bericht: „Positively Abandoned: Stigma and Discrimination Against HIV-Positive Mothers and Their Children in Russia,” untersucht die Diskrimierungen, denen diese Mütter und deren Kinder ausgesetzt sind, von denen viele in staatliche Obhut gegeben wurden.  
 
Während Russlands eskalierende HIV/AIDS-Epidemie nicht mehr nur auf Risikogruppen beschränkt bleibt, sondern auch auf die allgemeine Bevölkerung übergreift, werden vermehrt schwangere Frauen und Babys mit dem Virus infiziert. Seitdem das staatliche AIDS-Zentrum in Moskau 1997 begann, jährliche Statistiken zu erfassen, gebaren beinahe 10,000 HIV-positive Frauen Kinder, die meisten davon nach 2002.  
 
Wegen der allgemeinen Angst vor HIV/AIDS sind diese Frauen praktisch isoliert. Viele entscheiden sich, die Diagnose vor Kollegen, Freunden und Familie zu verbergen, anstatt sich den Konsequenzen zu stellen. „Nach russischem Recht sind alle HIV-positiven Menschen vor Benachteiligungen geschützt. Doch die Regierung ignoriert die sehr reale Diskriminierung, von der diese Frauen und Kinder betroffen sind“, erklärte Lois Whitman, Leiterin der Abteilung für Kinderrechte von Human Rights Watch. „Das Stigma von HIV/AIDS verfolgt sie überall: am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Arztpraxis und sogar im eigenen Heim.“  
 
Diskriminiert würden die Frauen auch dort, wo sie am ehesten Hilfe und Verständnis finden sollten: in ihrer örtlichen gynäkologischen Praxis. Anstatt die Frauen über Medikamente zu informieren, die das Übertragungsrisiko von HIV auf ihre Kinder erheblich verringern würden, verhielten sich die Gynäkologen oft ignorant oder sogar feindselig. HIV-positive Frauen sagten gegenüber Human Rights Watch, dass Ärzte oder Praxispersonal sie verbal angegriffen oder ihnen die Behandlung komplett verweigert hätten.  
 
Vor diesem Hintergrund stehen HIV-positive Frauen vor der schwierigen Entscheidung, ob sie ihre Kinder behalten wollen. Die Mehrheit der Babys von HIV-positiven Müttern bleibt bei ihren Familien. Doch es ist schwierig, für diese Kinder einen Platz in der Kindertagestätte oder Schule zu finden, wo sie wegen des HIV-positiven Familienstatus nicht willkommen sind. Verglichen zu der Situation der Kinder, die nach der Geburt weggegeben werden, scheinen diese Probleme jedoch geringfügig.  
 
Laut der Untersuchung von Human Rights Watch werden HIV-positive Kinder in spezielle Waisenhäuser gegeben oder in Krankenhausabteilungen unbefristet isoliert. Obwohl das russische Gesundheitsministerium bestätige, dass die Praxis, HIV-infizierte Kinder zu isolieren, nicht nur falsch, sondern illegal ist. „Die Schaffung von gesonderten Babyhäusern verletzt die Rechte dieser Kinder.” sagte ein Beamter des Gesundheitsministeriums gegenüber Human Rights Watch. „Selbst wenn das Babyhaus für HIV-positive Kinder besser wäre als ein normales, es würde dennoch das gesellschaftliche Stigma der Krankheit verstärken.”  
 
Trotzdem weigere sich die russische Regierung den politischen Willen zu zeigen, um die nötigen Mittel bereitzustellen, seine an HIV/AIDS leidenden Bürger zu schützen und Verstöße gegen das nationale AIDS-Gesetz strafrechtlich zu verfolgen, kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Die dürftigen Mittel, die von der russischen Regierung zum Kampf gegen HIV/AIDS zur Verfügung gestellt wurden, hätten wenig geholfen, die Bevölkerung aufzuklären oder die ausbreitende Epidemie einzudämmen. Die gegenwärtige Angst vor HIV/AIDS könne laut Human Rights Watch nur umgekehrt werden, wenn man dem Thema in der Politik und öffentlichen Disskussion einen hohen Stellenwert einräumt.  
 
Human Rights Watch forderte Präsident Putin und die russische Regierung auf, zu dem Problem öffentlich Stellung zu nehmen und den diskriminierenden, nach russischem und internationalem Recht illegalen Praktiken gegen Menschen mit HIV/AIDS in Russland Einhalt zu gebieten.

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