(Jakarta, 21. Februar 2007) – Mindestens 19 Bewohner Papuas sind in Indonesien wegen friedlicher Meinungsäußerung inhaftiert, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Die Inhaftierungen verstoßen gegen internationales Recht und gegen Indonesiens internationale Verpflichtungen.
Der 43-seitige Bericht “Protest and Punishment: Political Prisoners in Papua” dokumentiert, wie die indonesische Regierung weiterhin Personen mit Hilfe des Strafgesetzbuchs verfolgt, die sich friedlich für die Unabhängigkeit der östlichen indonesischen Provinzen Papua und West Irian Jaya (nachfolgend Papua genannt) aussprechen. Die Gründe für die Inhaftierungen sind Hochverrat oder das Verbreiten von Hass gegen die Regierung für friedliche Aktivitäten wie Flaggenhissen oder die Teilnahme an friedlichen Treffen für die Selbstbestimmung Papuas.
“Indonesien behauptet, eine Demokratie geworden zu sein, aber in Demokratien werden Menschen nicht für friedliche Meinungsäußerung inhaftiert“, so Brad Adams, Direktor der Asien-Abteilung von Human Rights Watch. „Freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit sind für politische Aktivisten in Papua nach wie vor Mangelware.“
Im Juni 2000 war Linus Hiluka aufgrund seiner Verbindung zur Unabhängigkeitsorganisation „Baliem Papua Panel“ wegen Landesverrat und Hetzerei verurteilt worden. Die Organisation soll separatistische Ziele verfolgen und versuchen, Indonesiens territoriale Integrität zu zerstören und die Sicherheit des Landes zu bedrohen. Obwohl Hiluka niemals wegen einer gewaltsamen oder kriminellen Handlung angeklagt wurde, ist er zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
Am 26. Mai 2005 wurden Filep Karma und Yusak Pakage wegen Widerstand und Hetzerei gegen die Regierung verurteilt. Sie hatten die friedlichen Feierlichkeiten zu Papuas Nationaltag am 1. Dezember 2004 mitorganisiert. Dafür wurden sie zu jeweils 15 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt.
In dem Bericht“Protest and Punishment” hat Human Rights Watch nur Fälle zusammengetragen, in denen die Angeklagten wegen friedlicher Meinungsäußerung verurteilt wurden. Es gibt in Papua viele Fälle, in denen Personen wegen Straftaten, die die Sicherheit des Staates gefährden, verurteilt wurden. In all diesen Fällen wird den Angeklagten vorgeworfen, Gewalt zu verbreiten oder auszuüben. Der Bericht von Human Rights Watch beinhaltet diese Fälle nicht, nicht einmal die, bei denen die Anschuldigungen nicht von Beweisen begleitet wurden.
Human Rights Watch zeigt auch, dass strenge Einreisebeschränkungen seitens der Regierung es erschweren, alle Fälle zu identifizieren und die Menschenrechtssituation in Papua vollkommen zu überblicken.
„Bis Papua sich völlig für eine Untersuchung öffnet, wird es Zweifel und Verwirrung über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen geben“, so Adams. „Wie wir in Aceh gesehen haben, führt die Isolation von der Außenwelt zu ungesehenen Menschenrechtsverletzungen. Wenn die Regierung nichts zu verbergen hat, dann muss sich Papua der restlichen Welt öffnen.“
Papuas Gerichte haben in den Fällen von Verrat oder Hetzerei eine negative Rolle gespielt. In fast jedem Fall, der in dem Bericht genannt wird, haben die Gerichte Strafen ausgesprochen, die härter als die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagen waren, auch wenn es sich bei den „Verbrechen“ der Angeklagten um legitime und friedliche Akte der politischen Meinungsfreiheit handelte.
„Die Gerichte sind nicht unabhängig und bearbeiten auch Fälle, die eindeutig politischer Natur sind“, so Adams. „Anstatt die Rechte des Einzelnen zu schützen, werden die Gerichte als Mittel zur politischen Unterdrückung eingesetzt.“
Human Rights Watch forderte die indonesische Regierung auf, sofort alle politischen Gefangenen in Papua freizulassen und alle noch ausstehenden Verfahren gegen politische Gefangene fallenzulassen. Zusätzlich verlangte Human Rights Watch von der Regierung, dass unklar formulierte Gesetze aufgehoben werden, durch die „Hetzerei“ und Verrat kriminalisiert werden. Dadurch sollen keine weiteren Verurteilungen mehr stattfinden, die gegen internationales Recht verstoßen. Seit langem fordert Human Rights Watch eine Änderung des indonesischen Strafgesetzbuches. Es muss im Einklang mit internationalem Recht stehen und grundlegende Rechte wie freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit sicherstellen.
Indonesien ist 2006 Mitglied sowohl im UN-Menschenrechtsrat als auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Außerdem trat Indonesien dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bei. Dies sind Indizien dafür, dass Indonesien als ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werden will, das die Menschenrechte achtet.
„Die politischeUnterdrückung, die in diesem Bericht aufgedeckt wird, zeigt, dass Indonesien noch einen weiten Weg vor sich hat, bevor es den Schutz von grundlegenden Menschenrechten garantieren kann“, so Adams. „Es herrscht eine klare Diskrepanz zwischen Indonesiens internationalen Verpflichtungen, seinen rhetorischen Aussagenund der Realität im Land.“