Die Verschleppung und Abschiebung ukrainischer Kinder durch russische Behörden hat Schlagzeilen gemacht und das Treffen zwischen der Russlands Kinderrechtsbeauftragten Maria Lvova-Belova und einem hochrangigen UN-Vertreter für Kinder und bewaffnete Konflikte hat letzte Woche für Aufruhr gesorgt. Erstere wird vom Internationalen Strafgerichtshof wegen ihrer mutmaßlichen Rolle bei diesen Verbrechen gesucht.
Anfang des Monats kamen durch die Ergebnisse einer Untersuchung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) weitere Einzelheiten zu diesen Überführungen ans Licht.
Human Rights Watch hat ausführlich dokumentiert, wie russische Beamte und ihre Bevollmächtigten Zwangsmaßnahmen einsetzten, um ukrainische Zivilpersonen nach Russland oder in von Russland besetzte Teile der Ukraine zu bringen – darunter Menschen, die vor dem Krieg flohen. Wir haben auch die Zwangsumsiedlung von Kindern und die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf Kinder in Heimen dokumentiert.
Der neue Bericht, der im Rahmen des Moskauer Mechanismus der OSZE veröffentlicht wurde, räumt zwar ein, dass die genauen Zahlen ungewiss sind, doch seine Schlussfolgerungen sind eindeutig: Ukrainische Kinder wurden gewaltsam nach Russland deportiert oder in das von Russland kontrollierte Gebiet verschleppt. Dies stellt ein Kriegsverbrechen dar. Der Bericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass es bei den zwangsdeportierten ukrainischen Kinder zu „zahlreichen und sich überschneidenden Rechteverletzungen“ kam.
Im Bericht wird festgestellt, dass die zwangsdeportierten Kinder in einer fremden Umgebung untergebracht wurden, die weit von der ukrainischen Sprache, Kultur, Bräuchen und Religion entfernt war. Der Bericht stellt auch fest, dass viele dieser Kinder einer militärischen Ausbildung und „pro-russischen Informationskampagnen ausgesetzt waren, die oft einer gezielten Umerziehung gleichkamen“.
Der Bericht unterstreicht auch, wie Änderungen in der russischen Gesetzgebung es den Behörden ermöglichten, ukrainischen Kindern schnell die russische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Das erleichterte die Vormundschaft und Adoption durch russische Familien in Russland, obwohl viele der Kinder möglicherweise lebende Verwandte haben, auch in der Ukraine.
Der Bericht stellt fest, dass russische Behörden weder die Rückkehr ukrainischer Kinder in ihr Heimatland gefördert haben noch die Wiedervereinigung mit ihren Familien. Dem Bericht zufolge scheint Russland sogar Hindernisse für die Wiedervereinigung zu schaffen. Russland hat keine zentralisierte Liste der überführten Kinder. Außerdem werden die Kinder immer wieder von Ort zu Ort gebracht und manchmal mit russischen, anstatt ukrainischen Namen registriert. Selbst wenn es ukrainischen Familien gelingt, ein Kind ausfindig zu machen, stoßen sie bei der Rückführung des Kindes in die Ukraine auf zahlreiche logistische und finanzielle Schwierigkeiten.
Russland sollte seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen und die sofortige Rückkehr der ukrainischen Kinder in ihr Land und zu ihren Familien sicherstellen.