(Kairo, 14. Februar 2011) – Der Oberste Militärrat in Ägypten soll sofortige Schritte einleiten, um während der Unruhen verhaftete Personen freizulassen, die Notstandsgesetze aufzuheben und sich klar zu einem Ende von Folter und Polizeigewalt zu bekennen, so Human Rights Watch. Am 13. Februar 2011 gab der Militärrat den Befehl, die Verfassung auszusetzen und das Parlament aufzulösen.
„Die wichtigste Aufgabe für die Militärbehörden soll es nun sein, eine Regierung einzusetzen, die die Menschenrechte achtet und rechtsstaatliche Strukturen etabliert”, so Kenneth Roth, Executive Director von Human Rights Watch. „Es wäre ein guter Anfang, wenn der Oberste Militärrat den Notstand beendet und keinerlei Toleranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit zeigt.“
In seinem „Kommunique Nummer 5” hat der Oberste Militärrat am 13. Februar angekündigt, ein Komitee einzurichten, das eine neue Verfassung ausarbeitet, über die dann in einem Referendum abgestimmt werden soll. Human Rights Watch fordert den Rat auf, dass alle Gremien, die an der Ausarbeitung der Verfassung und der Planung des demokratischen Übergangs beteiligt sind, umfassend, glaubwürdig, transparent und rechenschaftspflichtig sein sollen.
Die Militärbehörden sollen die folgenden Maßnahmen ergreifen, um Vertrauen zu schaffen:
Alle Häftlinge, die sich in Militärgewahrsam finden, sollen sofort freigelassen oder aufgrund allgemeiner Strafgesetze wegen einer erkennbaren Straftat angeklagt werden. Zudem sollen sie einem unabhängigen Richter vorgeführt werden und vor einem Gericht, das internationalen Standards entspricht, angeklagt werden.
Alle glaubwürdigen Anschuldigungen wegen Folter durch die Militärpolizei während der letzten Woche sollen auf unabhängige, ordentliche und transparente Weise untersucht werden, einschließlich der sechs Fälle, von denen Human Rights Watch berichtet wurde.
Das Notstandsgesetz soll widerrufen werden, das dem Innenminister weitreichende Mittel zur Verfügung stellt, um Personen willkürlich zu verhaften, und das das Recht auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einschränkt.
Das Recht auf Versammlungsfreiheit soll zugesichert werden, indem friedlicher öffentlicher Protest, die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht gewährt werden.
Folter und Misshandlung, das Verschwindenlassen von Personen durch den Geheimdienst sowie andere Mitarbeiter des Innenministeriums und des Militärs sollen öffentlich geächtet werden. Alle Sicherheitskräfte und Vertreter des Militärs sollen angewiesen werden, keinem Befehl zu gehorchen, durch den derartige Menschenrechtsverletzungen ausgeführt werden sollen, andernfalls soll eine strafrechtliche Verfolgung drohen.
Die Staatsanwaltschaft soll Untersuchungen gegen Mitarbeiter des Innenministeriums, auch gegen Führungskräfte, einleiten, die in der Vergangenheit Folter beauftragt, geduldet oder selbst ausgeführt haben. Besonders soll das Verhalten von Mitarbeitern des Geheimdienstes untersucht werden, die angeblich für das Verschwindenlassen von Häftlingen und Folter verantwortlich gewesen sein sollen.
„Die ägyptische Militärführung sagt, sie hätten eingegriffen, um dem Wunsch des Volkes nachzukommen”, so Roth. „Der größte Wunsch eines Volkes, das lange Zeit unter einer autoritären Führung gelitten hat, ist es, dass der Rechtsstaat abgesichert wird und grundlegende Menschenrechte geschützt werden.“