In einer bahnbrechenden Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe festgestellt, dass der Gesetzgeber eine menschenrechtliche Verpflichtung hat, die Menschen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Das Gericht entschied, dass ein deutsches Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2019 die Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ab 2030 nicht angemessen regelt. Somit verletzt die Regierung ihre Pflicht, die Menschenrechte der jungen Menschen zu schützen, die den Fall vorgebracht hatten.
Hitzewellen, Dürren, Waldbrände und andere klimabedingte Katastrophen haben in Europa in den letzten Jahren zugenommen und werden noch viel schlimmer, wenn die Regierungen die Treibhausgasemissionen nicht deutlich reduzieren. Eine kürzlich in The Lancet veröffentlichte Studie zu Gesundheit und Klimawandel ergab, dass Deutschland, der größte Emittent von Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union, auch zu den Ländern gehört, in denen viele ältere Menschen an den Folgen klimabedingter Hitzewellen gestorben sind. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland mehr als 20.000 Todesfälle von Menschen über 65 Jahren auf die Hitze zurückgeführt, womit Deutschland nach China und Indien an dritter Stelle steht.
Die neun jungen Menschen im Alter von 15 bis 32 Jahren, die die Klage eingereicht haben, sind besorgt über die Auswirkungen der Klimakrise auf ihre Rechte, jetzt und in der Zukunft. Die Kläger, von denen einige auf deutschen Inseln leben, die zunehmend von Überschwemmungen betroffen sind, schließen sich einer breiteren Bewegung von Jugendaktivisten auf der ganzen Welt an, die Straßenproteste, Online-Aktivismus und Gerichtsverfahren nutzen, um die Untätigkeit der Regierung in Bezug auf den Klimawandel anzuprangern.
Eine der Herausforderungen für junge Klimaaktivisten, die versuchen, ihre Regierungen für das Fehlen ehrgeiziger Klimaschutzmaßnahmen zur Verantwortung zu ziehen, ist, dass die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch bevorstehen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sollte dabei helfen. Das Gericht befand, dass Deutschland verpflichtet ist, Emissionsreduktionsziele für die Zeit nach 2030 festzulegen, damit das Land seine Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen erfüllen kann. Andernfalls würden „hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar“ auf zukünftige Generationen abgewälzt. Die Kläger, NGOs, die den Fall unterstützen, und junge Klimaaktivisten begrüßen die Entscheidung als Bestätigung, dass ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen ein Gebot der Menschenrechte sind.
Die Regierung hat nun bis Ende nächsten Jahres Zeit, ihr Klimaschutzgesetz zu überarbeiten. Die Entscheidung macht deutlich, dass es keine Zeit zu verlieren gibt, um die Menschenrechte junger Menschen und zukünftiger Generationen zu schützen.